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Herrenlose Grundstücke – Aneignungsrechte nach § 928 BGB. 

Was ist es und was ist zu beachten?

Die Auktionshaus Karhausen AG wird in seinen zukünftigen Auktionen Aneignungsrechte nach § 928 BGB versteigern. Worum handelt es sich hierbei?

Aneignungsrechte nach § 928 BGB entstehen, wenn der Eigentümer eines Grundstückes durch entsprechende Erklärung gegenüber dem Grundbuchamt auf sein Eigentum verzichtet (§ 928 Abs. 1 Satz 1 BGB - sogenannte Dereliktion). Das Grundstück wird durch den Verzichtnherrenlos, es hat keinen Eigentümer mehr, es gibt mithin keinen Ansprechpartner für Dritte mit Bezug auf dieses Grundstück. Das Bürgerliche Gesetzbuch sieht daher vor, dass es ein sogenanntes Aneignungsrecht gibt, mit anderen Worten die Befugnis, sich selbst zum Eigentümer des Grundstückes zu machen. Anders als bei beweglichen Sachen, bei denen jeder Mann und jede Frau befugt sind, sich eine herrenlose bewegliche Sache anzueignen und damit zum neuen Eigentümer zu machen, ist diese Befugnis bei einem Grundstück dahingehend beschränkt, dass sie ausschließlich dem Bundesland zusteht, in dessen Bereich das herrenlose Grundstück liegt (§ 928 Abs. 2 Satz 1 BGB). Der Erwerb eines herrenlosen Grundstückes geschieht durch Abgabe einer entsprechenden Erklärung gegenüber dem Grundbuchamt und Eintragung des neuen Eigentümers im Grundbuch (§ 928 Abs. 2 Satz 2 BGB). 

 

Dieses Recht des jeweiligen Bundeslandes, ein herrenloses Grundstück sich anzueignen, ist aber übertragbar. Das Bundesland muss also nicht erst selbst Eigentümer werden, um dann das Grundstück zu verkaufen, sondern es kann schon das Aneignungsrecht an einen dritten Privaten veräußern und übertragen. Erst der Erwerber des Aneignungsrechtes, der mit dieser Befugnis ausgestattet, sich im Grundbuch eintragen lässt, wird dann zum Eigentümer des Grundstückes. Er erwirbt das Grundstück originär, nicht als Rechtsnachfolger nach dem ursprünglichen Eigentümer, der das Eigentum aufgab oder als Rechtsnachfolger im Eigentum am Grundstück nach dem Bundesland, dessen Aneignungsrecht er erworben hat. Er ist rechtlich gesehen in einer Stellung wie der Ersteigerer aus einer gerichtlich angeordneten Zwangsversteigerung eines Grundstückes. 

 

Die Übertragung eines Aneignungsrechtes vom Bundesland auf den privaten Erwerber erfolgt in derselben Form wie ein Grundstückskaufvertrag. Entsprechendes gilt auch für die privatrechtliche Versteigerung eines Aneignungsrechtes. Unterschiede zum Vorgehen bei der Versteigerung eines Grundstückes gibt es also nicht. Hier ist nichts anderes zu beachten als bei der Ersteigerung eines Grundstückes vom einliefernden Eigentümer. 

 

Zu beachten ist aber, dass wegen des originären Eigentumserwerbs durch das Aneignungsrecht der Erwerber eines Aneignungsrechtes keine Möglichkeit hat, vom Bundesland, dessen Aneignungsrecht er ersteigert, Auskünfte über das vom Aneignungsrecht betroffene Grundstück zu erhalten. Denn das Bundesland ist selbst ja auch nicht Eigentümer dieses Grundstückes. Es gibt insoweit also keinerlei Auskünfte und im Hinblick auf den Zustand des Grundstückes selbst auch keine Ansprüche gegen das veräußernde Bundesland. Das Grundstück, das von einem Aneignungsrecht betroffen ist, wird in diesem Sinne vom Ersteigerer so, wie es im Zeitpunkt seiner Eintragung als Eigentümer im Grundbuch sich befindet, erworben. Er kann gegenüber dem Bundesland keine Ansprüche wegen dieses Zustandes oder nicht erteilter Auskünfte erheben. 

 

Etwaige Rückstände an auf dem Grundstück lastenden öffentlichen Abgaben (insbesondere Grundsteuern sowie etwaige Erschließungs- und Anschlussbeiträge) sind dann auch vom Ersteigerer des Aneignungsrechtes zu tragen. Eine wie bei Grundstückserwerben sonst üblicherweise erfolgende Absicherung einer Finanzierung des Ankaufs durch eine Bank auf dem Grundstück selbst ist gleichfalls nicht möglich. Denn der Erwerb des Aneignungsrechtes ist vom Ersteigerer zu bezahlen, bevor er im Grundbuch als Eigentümer eingetragen wird und vor seiner Eintragung im Grundbuch sind Belastungen des Grundstückes durch ihn nicht möglich. Denn das Aneignungsrecht einliefernde Bundesland ist nicht eingetragener Eigentümer und kann eine sogenannte Belastungsvollmacht nicht erteilen. Da kein Grundstück, sondern „nur“ ein Aneignungsrecht nach § 928 BGB erworben wird, ist aber keine Grunderwerbsteuer zu zahlen. Derjenige, der ein Aneignungsrecht erwirbt, kann grundbuchlicher Eigentümer werden, ohne dass er eine Grunderwerbsteuer entrichten muss. Der Vorlage einer steuerlichen Unbedenklichkeitsbescheinigung wegen der Grunderwerbsteuer bedarf es für die Eintragung als Eigentümer aufgrund Aneignungsrechtes im Grundbuch nicht.

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